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Gesundheitsprognose bei krankheitsbedingter Kündigung; Frist für Zurückweisung gem. § 174 S. 1 BGB

Mehrere ordentliche Kündigungen aus krankheitsbedingten Gründen unwirksam

Dr. Flügler & Partner mbB vertraten einen Arbeitnehmer, dem seine Arbeitgeberin insgesamt drei ordentliche Kündigungen aus krankheitsbedingten Gründen ausgesprochen hat, vor dem Arbeitsgericht Freiburg, dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg und dem Bundesarbeitsgericht. 

Sachverhalt

Der Mandant, der bei seiner Arbeitsgeberin, einer GmbH & Co. KG in leitender Position beschäftigt ist, erkrankte nach mehr als zehnjähriger Betriebszugehörigkeit. Nachdem die Arbeitsunfähigkeit mehrere Monate angedauert und der Mandant die Teilnahme an einem betrieblichen Eingliederungsmanagement abgelehnt hatte, kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis ordentlich. Die Kündigung wurde von Dr. Flügler & Partner mbB eine Woche nach Zugang des Kündigungsschreibens gem. § 174 S. 1 BGB zurückgewiesen. In der Folge sprach die Arbeitgeberin zwei weitere ordentliche Kündigungen aus.   

Gegenstand des über mehrere Instanzen bestrittenen Kündigungsschutzverfahrens war u.a. neben der Frage, ob die Zurückweisung der ersten Kündigung unverzüglich erfolgt war, insbesondere das Bestehen einer den Ausspruch der Kündigungen rechtfertigenden negativen Gesundheitsprognose.

Entscheidung der Gerichte

Das Arbeitsgericht Freiburg hat in seinem Urteil der Kündigungsschutzklage stattgegeben und festgestellt, dass die erste Kündigung aufgrund der Zurückweisung gem. § 174 S. 1 BGB und die beiden weiteren Kündigungen wegen Fehlens einer negativen Gesundheitsprognose bei deren Ausspruch unwirksam seien.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat diese Feststellungen bestätigt.

Es hat ausgeführt, dass die Zurückweisung einer Kündigung gem. § 174 S. 1 BGB grundsätzlich dann unverzüglich sei, wenn sie dem Kündigenden innerhalb einer Woche nach Ausspruch der Kündigung zugehe, ohne dass es hierbei darauf ankomme, wann der Kündigungsempfänger die Entscheidung, die Kündigung zurückzuweisen, getroffen habe. 

Hinsichtlich der weiteren Kündigungen habe es an einer negativen Gesundheitsprognose gefehlt, da zu den insoweit maßgeblichen Zeitpunkten, dem Ausspruch der jeweiligen Kündigungen, für den Mandanten nicht die Diagnose habe gestellt werden können, dass in den nächsten 24 Monaten nicht mit einer Besserung seines Gesundheitszustandes zu rechnen sei. Das im Verlauf des Kündigungsschutzverfahrens tatsächlich eingetretene Geschehen sei insoweit nicht zu würdigen, da eine rückwirkende Berücksichtigung der kraft Zeitablaufs eingetretenen Fakten dem Prognoseprinzip des Kündigungsschutzgesetzes nicht gerecht werde.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg ist rechtskräftig, nachdem das Bundesarbeitsgericht eine von der Arbeitgeberin erhobene Nichtzulassungsbeschwerde verworfen hat.

Ihre Ansprechpartner im Arbeitsrecht: Rechtsanwalt Dr. Florian Flügler, Rechtsanwalt Alexander Otterbach, Rechtsanwältin Lisa Brede